Mittwoch, 13. März 2013

Papa 266 - ein paar mehr oder weniger

"Bonna Serra" - Ein lächelnder, kleiner Mann ist heute in Rom "vom Ende der Welt geholt worden" und dieser Georg Marius soll nun die katholische Kirche führen.

In sozialen Medien konnte man sich gleichzeitig vor negativen Kommentaren mit der Bandbreite von "Sack Reis" bis hin zu "Kinderschänderverein" erneut nicht retten. Ich denke aber, die Kirche ist nicht nur alles andere als unerheblich, sie ist auch mehr als die Summe ihrer vielfachen Verfehlungen.

Ich selber bin protestantisch erzogen und gläubig. Menschen die sich zum Gebet versammeln, ihren Gottesglauben pflegen und zu ihrem Glauben stehen verstehe ich nicht nur gut, sie sind mir auch sehr sympathisch. Gleichzeitig lehne ich Extremismus und Fundamentalismus entschieden ab und während sich die Welt weiterdreht, die Menschen sich verändern müssen sich auch Glauben und Religion verändern. Für mich gewinnt nach langer Überlegung eh der Islam, aber dazu vielleicht ein anderes Mal mehr.

Heute Haben sich wieder hunderttausende in Rom, tausende in den Kirchen der Welt und Millionen Gläubige vor den Geräten versammelt um einen Schornstein zu beobachten. Nicht nur ich habe mich gefragt, was eine Werbelaufschrift am Fuße dieses Rohrs kosten würde. Eine Taube ahnte nicht, dass sie der Star des Moments war.

Mein erstes Web 2.0-Konklave war jedenfalls sehr unterhaltsam. Wie ich aber schon anmerkte haben mich die massiven und verletzenden, negativen Kommentare erschrocken.

Einerseits kritisierten einige, warum die öffentlich-rechtlichen Sender überhaupt so intensiv von der Papstwahl berichten. Auf der Facebook-Seite der Abendschau vom RBB war gar von einer grundgesetzwidrigen, da die Religionsfreiheit verletzenden Sendung die Rede. Hier blieb mir der Mund offen stehen.

Ob nun speziell die Abendschau des ARD-Dritten RBB unbedingt das Geschehen auf ihren Social-Media-Seiten begleiten muss mag fraglich sein. Vielleicht hätte ein Porträt von Kardinal Wölki, Stimmen von Berliner Katholiken und ein Bericht von der Spontanmesse in der Hedwigskathedrale gereicht. Das aber die öffentlich-rechtliche Berichterstattung allgemein als "uninteressant" und "Gebührenverschwendung" kritisiert wurde ist haltlos. Die Wahl eines religiösen Führers von einer Milliarde Menschen ist von höchstem öffentlichen Interesse und hat politisch große Auswirkungen.

Somit war die Berichterstattung von ARD, ZDF und Phönix nicht nur interessant sondern auch absolut notwendig (und Unerhaltsam). Schön, dass das ZDF rechtzeitig zur Champions-League umschalten konnte und seine Südeuropa-Geheimwaffe, die sympathische Antje Pieper, vorne in Stellung hatte. Informations- und Unterhaltungswert dieser Stunden aus Rom waren sehr hoch. Danke, liebe Öffis.

Der Papst als politische Figur.. als Glaubensführer. Aber ist der ganze Käse aus Rom überhaupt nötig? "Witzfigurenverein"? Ich sage "Nein"! In der katholischen Kirche ist auch in jüngerer Zeit unglaubliches Geschehen. Durch Kirchenoffizielle wurde Menschen unglaubliches Leid angetan. Diese Verbrechen sind bis heute nicht zufriedenstellend aufgeklärt und die Opfer haben keine Genugtuung erfahren.

Grade deswegen ist die Wahl eines neuen Papstes relevant für die Gesellschaft und wir sollten gespannt sein, wie er mit diesem Kapitel der Kirche umgeht. Besonder die westliche, aufgeklärte Welt wird aber auch im Bewusstsein dieser Verbrechen und der Ablehnung von Verhütung, Scheidung und Homosexualität sich weiter von der Kirche abwenden.

Ist deswegen der Papst nicht mehr relevant? Während bei uns die Kirchen leer sind, ist für Millionen Menschen weltweit die katholische Kirche der unbestrittene Lebensmittelpunkt. Glaube, Hoffnung, Wärme, Sinn - für Heerscharen von Gläubigen in Afrika, Asien und Amerika ist die Kirche ihr wichtiger Weg zum dreifaltigen Gott.

Das muss man vielleicht nicht vollständig nachvollziehen und verstehen aber es ist beeindruckend, wie es die Päpste und ihre Kirche in den letzten Jahren geschafft haben, riesige (und auch sehr junge) Menschenmassen friedlich zu versammeln. In Mexiko wurde aus tausenden begeisterten Mündern "Pope John Two - We love you" gesungen. Woanders gab es einen rekordverdächtigen Chor von "Rivers of Babylon" bei dem sicher selbst Frank Farian Gänsehaut bekommen hat. Nach Rom pilgern Katholiken als Brüdern und Schwestern im Geiste, grenzenlos und vor Gott gleich um ihren Papst zu sehen. Auf Kirchentagen kommen regelmäßig junge Menschen aus aller Welt friedlich zusammen, treffen sich und leben ihren Glauben und die Rolle der Kirche beim Zusammenbruch des Kommunismus ist unbestritten.

Für eine große Zahl von Menschen sind Glaube und Kirche wichtige Elemente in ihrem Leben und ich bin davon überzeugt, dass ein paar Regeln des Glaubens uns allen ganz gut tun würden. Sind die zehn Gebote etwa eine Sammlung von blödsinnigen Regeln? Werden nicht Werte wie Demut oder Dankbarkeit, die Besinnung auf das Wesentliche und auch Respekt nicht immer schmerzlicher in unserer Gesellschaft vermisst? All diese Werte kann man leicht aus der Bibel rauslesen, mit voller Überzeugung predigen und als Christ leben.

Ich habe Respekt vor eine Einrichtung die nicht nur auf 2000 Jahre Kontinuität zurückblickt sondern die ihre Anhänger so für sich begeistern kann. Ich werde niemals Katholik werden aber als gläubiger Mensch ist mir die Kirche Roms nicht egal und ich werde mich weiter mit ihr und den anderen Religionen beschäftigen.